Änderungen des Gesellschaftsvertrages

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in seiner jüngsten Entscheidung vom 21.02.2013 – L 10 U 5019/11 – nochmals klargestellt, dass Änderungen des Gesellschaftsvertrages auch für den Bereich der Sozialversicherung erst ab der Eintragung in das Handelsregister Wirksamkeit entfalten.

Vorausgegangen war der Sachverhalt, dass drei (Minderheits-) Gesellschafter-Geschäftsführer mit jeweils 33%iger Beteiligung im Gesellschaftsvertrag folgende Vereinbarung hinsichtlich der Gesellschafterbeschlüsse fassten:

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§ 6 Gesellschafterbeschlüsse

1. Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst, soweit nicht der Gesellschaftsvertrag oder das Gesetz eine andere Mehrheit zwingend vorschreibt.

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Auf der Grundlage der Gesellschaftsbeteiligung und dieser Beschlussfassungsregelung waren die Minderheitsgesellschafter als abhängig beschäftigt einzustufen. Ihnen war es nicht möglich, unliebsame Entscheidungen (z.B. zur eigenen Kündigung) zu verhindern.

Es bestanden damit abhängige Beschäftigungsverhältnisse mit entsprechenden Folgen zur Beitragspflicht in der Sozialversicherung.

Im Laufe des noch beim Sozialgericht Reutlingen anhängigen Klageverfahrens zur Frage der rückwirkenden Geltendmachung von Sozialversicherungsbeiträgen, wurde mit notarieller Beurkundung ein Gesellschafterbeschluss vom 30.10.2010 herbeigeführt, der § 6 des Gesellschaftsvertrages dahingehend änderte, dass

Gesellschafterbeschlüsse einstimmig gefasst werden.

Nach Auffassung des Klägers bestand ab diesem Zeitpunkt Rechtsmacht (unliebsame Beschlüsse konnten verhindert werden) und mithin keine Sozialversicherungspflicht.

Dieser Auffassung folgte das LSG Baden-Württemberg zwar inhaltlich, nicht jedoch hinsichtlich des Zeitpunktes des Wirksamwerdens der Gesellschaftsvertragsänderung.

Die notarielle Beurkundung ist zwar (Form-) Erfordernis eines geänderten Gesellschaftsvertrages, eine Wirksamkeit ergibt sich jedoch erst ab Eintragung in das Handelsregister. Diese Eintragung erfolgte erst am 02.01.2012. Im Ergebnis wurde sodann eine abhängige Beschäftigung (und die Verpflichtung zur Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen) bis zum 01.01.2012 festgestellt.

Die verspätete Eintragung des Gesellschaftsbeschlusses in das Handelsregister hatte somit eine um 15 Monate längere Belastung mit Sozialversicherungsbeiträgen zur Folge. Wer hat diese nicht unerheblichen Kosten zu verantworten? Der Notar, der Prozessbevollmächtigte des Klägers oder ggf. die Geschäftsführer selbst?

Diese Frage war nicht Gegenstand der Klage, sie zeigt jedoch, wie haftungsintensiv derartige Verfahren sein können und wie wichtig der interdisziplinäre Kontakt der involvierten Beteiligten (Mandant, Steuerberater, Notar, Rechtsanwalt, Rentenberater) hierbei ist.

Joachim Scholtz, Rentenberater