Der PR-Fachmann/ die PR-Managerin in einem Szenario der geplanten obligatorischen Selbständigenversicherung

Fachleute für Public Relation und Öffentlichkeitsarbeit können sowohl in selbständiger Tätigkeit als auch in abhängiger Beschäftigung tätig werden (LSG BRB – L 1 KR 206/09 ). Die Frage, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, ist nur nach sehr differenzierter Prüfung zu beantworten (vgl. Blog-Beitrag: Das nachträgliche Anfrageverfahren).

Ich möchte nachfolgend davon ausgehen, dass eine selbständige Tätigkeit ausübt wird.

Wenn diese Tätigkeit ohne eigene Angestellte verrichtet wird, gehört die PR-Managerin oder der PR-Fachmann zu den ca. 2,4 Millionen (DRV vom 22.03.2012 „Ihre Vorsorge“) sogenannten „Soloselbständigen“.

Für publizistisch (=öffentlich) tätige Personen kann sich die Möglichkeit einer Versicherung in der Künstlersozialversicherung ergeben. Nach § 2 Satz 1 KSVG ist Künstler im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Als Publizist im Sinne des KSV-Rechts bezeichnet § 2 Satz 2 KSVG wiederum denjenigen, der als Schriftsteller, Journalist oder in anderer Weise publizistisch tätig ist oder, so die Ergänzung durch das 2. KSVG-ÄndG vom 13.6.2001 (BGBl I 1027), Publizistik lehrt.

Leitbild publizistischer Tätigkeit ist somit das Berufsbild des Schriftstellers oder Journalisten. Der Gesetzgeber hat den Begriff des Publizisten im Sinne des KSVG hierauf allerdings nicht beschränkt, wie sich aus der in § 2 Satz 2 KSVG enthaltenen Öffnungsklausel „oder in anderer Weise publizistisch tätig ist“ ergibt. Der Begriff des Publizisten ist daher weit auszulegen (vgl BSG SozR 3 5425 § 2 Nr 12). Er beschränkt sich nicht auf die „eigenschöpferische Wortgestaltung“ oder die inhaltliche Gestaltung und Aufmachung von Büchern und sog Massen¬kommunikationsmitteln (z.B. Zeitschriften, Zeitungen, Broschüren), sondern erfasst jeden im Kommunikationsprozess an einer öffentlichen Aussage schöpferisch Mitwirkenden (BSG SozR 3 5425 § 2 Nr 12).

Aus diesem Grund findet auch der „PR- Fachmann“ Aufnahme in den Berufsgruppenkatalog zur Künstlersozialabgabe (BT-Drucksache 7/3071, Informationsschrift Nr.6).

Die Möglichkeit der Pflichtversicherung in der Künstlersozialversicherung stellt ein begehrtes Privileg dar, dass regelmäßig von verschiedenen Berufsgruppen zu erstreiten versucht wird. Zuletzt scheiterten Tätowierer (BSG, B 3 KS 2/07 R) und Kung-Fu-Lehrer (SG Mainz, S 1 R 340/09) beim Versuch einer Einstufung als Künstler.

Das Privileg drückt sich dadurch aus, dass für eine Absicherung der Risiken Erwerbsminderung, Tod und Alter lediglich der halbe Rentenversicherungsbeitrag, d.h. 9,8 % anstelle von 19,6 % gezahlt werden muss. Dieses Privileg wird jedoch nur auf Antrag und ab Antragstellung gewährt (§ 8 KSVG). Erst ab diesem Zeitpunkt verdrängt die Versicherungspflicht des Künstlers als Spezialgesetz die eventuell vorliegende „normale“ Versicherungspflicht als Selbständiger (§ 2 SGB VI) in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Soviel zur bekannten Rechtslage.

Nun eine unverbindliche und fiktive Vorausschau auf der Grundlage meiner bisherigen Erfahrungen und den Informationen zur geplanten Selbständigenversicherung:

Eckpunkte:
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  • Keine Änderung bei den bereits abgesicherten selbständigen Künstlern und Landwirten
  • Versicherungspflicht für alle übrigen Selbständigen
  • Meldepflicht der Selbständigen analog der bisherigen Regelung des § 190a SGB VI oder (wahrscheinlicher) durch Abgleich mit Gewerberegister, Finanzverwaltung

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Zum Inkrafttreten der beabsichtigten Vorschriften wahrscheinlich vor dem 15. oder 22.09.2013 (mögliche Bundestagswahltermine) wird ein wie auch immer gearteter Abgleich von Daten der Selbständigen (Gewerbe-, Finanzamt) und der Rentenversicherung durchgeführt werden.

Wohl dem, der sodann als „pflichtversichert“ gespeichert ist, z.B. in der Künstlersozialversicherung, und nicht in die weitere Prüfung kommt.

Diese weitere Prüfung der Rentenversicherung könnte nämlich dann aus Fragen nach der Ausgestaltung der selbständigen Tätigkeit in den letzten vier Jahren bestehen. Bei einer Prüfung im Jahre 2013 kann der Rentenversicherungsträger Beiträge innerhalb der Verjährungsfristen nachträglich ab Dezember 2008 fordern. Ein sehr teures Unterfangen, wenn die PR Tätigkeit in der Vergangenheit hauptsächlich für einen Auftraggeber ausgeübt wurde oder die Tätigkeit in großen Teilen auch eine Lehrtätigkeit beinhaltete (Versicherungspflicht gem. § 2 Nr.1 oder Nr.9 SGB VI).

Schon vor der neuen Selbständigenversicherung lautete meine Empfehlung an alle, die sich in der Künstlersozialversicherung versichern lassen konnten: Antrag stellen!

Die zu erwartende „Durchleuchtung“ aller Selbständigen und die daraus möglicherweise resultierenden Konsequenzen bestärken mich bei dieser Empfehlung. Im Zweifel gilt: Eine Beratung durch einen versierten Rentenberater lohnt sich immer!

Joachim Scholtz
Rentenberater